Die Suche nach Freiheit im Netz
Ich widme mich diesem Thema heute, weil es mich ca. vor zwei Wochen erwischt hat: Mein Instagram Account wurde gelöscht, von Instagram selbst, aufgrund erotischen Contents. Weil ich mich als Fotografin geweigert habe Nippel mit Herzchen zu überkleben oder noch schlimmer komplett verschwinden zu lassen. Nun gut, ich habe provoziert und wurde entfernt. Allerdings fand ich die Art und Weise ziemlich ekelhaft. Ich war einfach nicht mehr da, konnte nicht auf mein Profil zugreifen, geschweige denn den Support erreichen und war ziemlich sauer. Nach ein paar Tagen entschied ich, einen neuen Account anzulegen und von null zu starten. Ich verlor durch die unangekündigte Schließung meines alten Accounts nicht nur eine Menge Follower, Erinnerungen sowie wichtigen Content, sondern auch ein entscheidendes Marketinginstrument. So kommt es jetzt, dass ich mich selbst mit dem neu angelegten Profil und den wiedergefundenen Freunden nicht mehr wirklich wohl auf dieser Plattform fühle. Ich bin verbannt und stehe unter Beobachtung. Ich kann keine Hashtags setzen, kleine Reize werden sofort entfernt, ich befinde mich in einer #annelomberg Blase, die keine Reichweite hat. Mein rebellischer Instinkt weigert sich so ein Unternehmen zu unterstützen und Teil davon zu sein, aber ich wollte auch ein paar wichtige Freunde zurückhaben, sie auf dem Laufenden halten, was meine zukünftigen Projekte betrifft. Eine Fragwürdigkeit im System, die ich anprangere und die für mich eindeutig den widerlichen Geschmack von Misogynie trägt.
So geschah es, dass sich gleichzeitig zu diesem unguten Gefühl, welches sich unwillkürlich in meinem Körper ausbreitete, ein Funken Hoffnung mischte, als ich auf eine besondere App stieß. »Vero«, eine App, die zumindest für mich erst mal vielversprechend klingt. Ich kann meine Kunst zeigen, ohne zu zensieren. Direkt beim Anmelden meines Profils spürte ich eine innerliche Befreiung, ohne die App überhaupt zu kennen. Der Trend ist enorm, alle ziehen zu Vero um und der Server ist komplett überlastet. Eine aktuelle Problematik, die allerdings schnell behoben werden soll, laut App Erfinder.
Nun die eigentliche Frage und worauf ich mit diesem Artikel aufmerksam machen will. Wie kann es sein, das Frauenkörper zensiert werden müssen? Dabei geht es nicht mal um die heutige Zeit, sondern generell. Und warum ziehen alle mit? Männerbrustwarzen dürfen nämlich in ihrem natürlichen Zustand erhalten bleiben. Da stimmt doch was nicht. Ich weiß ja, dass die Ami’s da ein bisschen prüde sind und gerade wir Europäer viele Regelungen sinnfrei finden, aber ist es nicht langsam mal so weit, diese Regeln zu überdenken? Dabei wende ich mich gezielt an das Team von Instagram. Wie kann es sein, dass z.B. provokative Sexzeichnungen Ok sind, während ein ästhetischer Frauenkörper gemeldet wird. Wie kann es sein, dass Gewaltszenen immer noch vorhanden sind, während ein Nippel, der durch das Shirt schimmert, direkt aus dem System rausgeschmissen wird? Ein Ungleichgewicht, das nach Veränderung schreit.
Ich spreche jetzt mal im Namen aller Fotografen, die sich dem Teilen ihrer Kunst mit anderen Usern beraubt fühlen, weil sie sich einem System anpassen müssen, welches keinen Sinn ergibt. Die Antwort, ein junges Publikum zu schützen gilt nicht, dafür kann man den Account einfach auf privat stellen und selbst da wird fleißig aussortiert. Die Natürlichkeit einer Frau darf nicht beschnitten und zensiert werden. Es geht nicht um pornographische Fotografien, sondern um ästhetische Bilder.
Wann beginnt die Gleichstellung der Geschlechter endlich?
Das Bild der Fotografin Rupi Kaur (siehe unten), auf welchem sie die Natürlichkeit der weiblichen Menstruation darstellen wollte, sorgte auf Instagram für viel Gesprächsstoff und wurde bereits zweimal entfernt. Diese Zensur brachte Instagram ein negatives und zweigespaltenes Feedback seitens der User, da es anscheinend immer noch nicht möglich ist, in unserer Gesellschaft solche Dinge zu thematisieren. Danach postete die Fotografin Rupi Kaur das Bild auf Facebook, vertaggte Instagram und schrieb dazu: »thank you Instagram for providing me with the exact response my work was created to critique. you deleted my photo twice stating that it goes against community guidelines. i will not apologize for not feeding the ego and pride of misogynist society that will have my body in an underwear but not be okay with a small leak. when your pages are filled with countless photos/accounts where women (so many who are underage) are objectified. pornified. and treated less than human. thank you.«
Es gibt verschiedene Kampagnen, die gezielt für die Gleichheit der Geschlechter kämpfen und aufmerksam machen, dass dieses Gleichgewicht immer noch nicht vorhanden ist, wie z.B. »Free the Nipple« und »Genderless Nipples«. Free the Nipple hat 2012 einen Film herausgebracht, der für die Rechte aller menschlichen Wesen kämpft, Genderless Nipples posten auf Instagram ausschließlich Nahaufnahmen von Brustwarzen, die keinerlei Beweis für das Geschlecht liefern. Instagram kann nicht mehr unterscheiden, welche Brustwarze männlich oder weiblich ist und somit bleiben die Bilder bestehen.
Übrigens: Instagram verbannt nicht nur Fotografien von Frauenbrustwarzen oder Schamhaaren. Wie ich bei meiner Recherche rausgefunden habe, geht es noch weiter. Üppige Frauen, die sich in Unterwäsche fotografieren und somit nicht dem gängigen Schönheitsideal entsprechen sowie Frauen mit unrasierten Beinen wurden ebenfalls aus dem System entfernt, weil sie sich nicht an die Community Guidelines gehalten haben.
Ich erinnere mich an ein Foto von einer Person aus meinem Followerkreis, die sich die »Helmut Newton« Ausstellung anschaute und dieses Foto dann auf Instagram postete. Ich musste wirklich laut lachen, vielleicht hätte ich aber tatsächlich weinen müssen. Ihr Bild wurde gemeldet und gelöscht, weil sie ein Porträt vor den nackten Kunstwerken Helmut Newton’s machte. Sie postete das Bild erneut und zensierte die Brustwarzen der Newton Modelle im Hintergrund. What the fuck?
Wieder aufatmen und ruhig bleiben, schauen wir auf eine positive Entwicklung mit der neuen Vero App, die nämlich genau das verhindern will. »Vero« bedeutet übersetzt »wahr« und unterstützt den wirklich sozialen Charakter in einem Social Network. Sie versprechen keine lästigen Algorithmen, endlich Bilder, die gezeigt werden dürfen, wie sie sind, Frauen wie Gott sie erschuf, wunderschön und unzensiert. Eine gute Veränderung, die für viele User Freiheit bedeuten wird.