Ein Leben
Wenn du an nichts Besonderes denkst, wenn du alles, was um dich herum geschieht, als selbstverständlich wahrnimmst, passiert es plötzlich. Unerwartet bekam ich diesen Anruf und für einen Moment verstummte das Ticken der Wanduhr über meiner Küchenvitrine, das einzige Überbleibsel meiner geliebten Großmutter. Ich fühlte mich irgendwie ausgeliefert, angesichts der Worte, die meinen Körper lähmten. Mike rief an, um mir zu sagen, dass sein Bruder letzte Nacht verstorben sei. Wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen. Seit dem letzten Mal lagen zu viele unausgesprochene Dinge in der Luft, niemand wollte den Schritt wagen, zu verzeihen oder zu vergessen. Seine Stimme klang verletzlicher denn je, es gab keinen Zweifel, er brauchte mich genau jetzt und ich würde zu ihm fahren und da sein, so wie ich es immer getan habe.
Ein Leben ging zu Ende und ich war dort mit dir auf dem Friedhof, während deine Mutter das Gedicht »Der Tod ist groß« von Rainer Maria Rilke rezitierte und die Gesichtszüge der Angehörigen einer schweren Flut von Sentimentalität kaum standhalten konnten. Ich war dort mit dir, als die letzten Erdreste auf den Sarg wie Staubkeime flogen und ich erinnere mich an deinen Ausdruck, traurig und zerrissen zwischen mir und der anderen Frau, die stets eine Rolle spielen sollte. Ich dachte an deinen Bruder, für den du ohne zögern dein eigenes Leben eingetauscht hättest und ich entsann mich an dieses ‘Nichts’, welches gegenwärtig alles überschattete. Du nahmst meine Hand und ich küsste deine Wange. Wir verließen Arm in Arm den Friedhof.
Wir haben uns mehr als drei Jahre nicht gesehen und dennoch schwebte ein vertrauter Geruch in der Luft, es war mein Zuhause, ein Ort, den ich nie verlassen wollte. Wir mussten das Leben feiern, es gab keine Zeit über das Geschehene nachzudenken, es gab keine Zeit für unaufrichtige Doppeldeutigkeiten. Du hast mich im Korridor deines Apartments überwältigt, während du mich auf unserer Kommode küsstest. Die Kommode, die wir damals auf dem Wochenmarkt gekauft haben. Und meine liegen gebliebenen Geister wurden wach, genau in diesem Moment. Dann hast du mein Kleid zerrissen, als würdest du die Trauerfarbe einfach so vernichten. Ich war überrascht und fühlte mich beschämt beim Anblick deiner verwegenen Augen. Ich habe vergessen, wie es war dich zu lieben, aber du wusstest mich daran zu erinnern. Du warst zart und rau, immer schwankend zwischen Wut und Zuversicht. Du mochtest es zu dominieren, du wolltest doch auf deine Brüder aufpassen und du hattest sie, diese väterliche Ausstrahlung. Es gefiel mir mich zu unterwerfen, es war meine einzige Zuversicht, während Wut verebbte. Wir blickten auf die Umstände, an all die Erinnerungen, wir ließen sie nur kurz verweilen, wie vorüberziehende Wolken. Er hätte es so gewollt. Es war Leben, was wir feierten und wir spürten es tief in uns, als du in mich eindrangst.
Ich habe laut gestöhnt und du hast an meinen Haaren gezogen, während sich meine Augenbrauen zu einem verzweifelten Dreieck ausdehnten. Dieser Blick war dir nicht unbekannt. Dann hast du mich umgedreht und über die Kommode gebeugt. Du hast die Stoffreste meines Kleides über meinen Po geschoben und dabei zugesehen, wie dein Schwanz mich penetrierte und immer tiefer in mich eintauchte. Du hast es langsam getan und ich flehte nach mehr. Dann hast du mich hart gefickt, und als du kurz davor warst zu kommen, hast du mich wieder umgedreht und meine Beine weit gespreizt. Du wolltest mein Gesicht sehen, du wolltest, dass ich zuerst kam. Du wolltest, dass ich dich anschaue, wie dein Schwanz immer tiefer in mich eindrang. Die Fetzen meines schwarzen Kleides hingen nur noch an meiner Hüfte und ich beobachtete dich, wie du die Kontrolle behieltest, wie immer, kein Zweifel. Ich erkannte eine Ohnmacht in deinem Gesichtsausdruck, eine Hoffnungslosigkeit und die Gewissheit, dass wir immer etwas sein werden. Du hast mich vermisst und ich kam beim Anblick der heftig pulsierenden Eichel, welche wie ein kleines Herz vibrierte, um dann in meiner Lusthöhle zu versinken. Ich kam beim Gedanken an meine feuchte Begierde, die wie ein strömender Fluss das Leben in sich aufsog. Ich kam bei den heftigen Bewegungen auf unserer Kommode, nostalgische Reminiszenz an eine Liebe und dem vertrauten Geruch von Heimat. Du konntest nicht länger standhalten. Ich spürte, wie dein Glied schwerer und gleichzeitig kräftiger wurde. Du hast mich gefragt, ob du in mir kommen könntest und ich sagte Ja.
Es hieß Leben, dass wir feierten und es war uns egal, welche Dämonen die Vergangenheit noch ausbrütete. Du fielst erschöpft in meine Arme und wir küssten uns. Ich streichelte deine grauen Haare und du berührtest meinen Bauch in Hoffnung auf etwas Beständigkeit.
»Der Tod ist groß.
Wir sind die Seinen
lachenden Munds.
Wenn wir uns mitten im Leben meinen,
wagt er zu weinen
mitten in uns.«
-Rainer Maria Rilke-