Niemandsland
Glück: Wenn du begreifst, dass niemand diese Leere in dir füllen kann, sondern du allein für dein Glück verantwortlich bist, dann lässt es sich doch viel angenehmer leben.
Niemandsland, da wurde Isis geboren, nicht zu verwechseln mit Peter Pan’s Nimmerland. In Nimmerland muss man nur an etwas glauben, damit es passiert. Niemandsland ist herrenlos. Isis, Göttin der Geburt und Wiedergeburt, wie eine Katze schleicht sie durch grenzenlose Gebiete immer auf der Hut vor kleinen sentimentalen Fallen, die sich wie Klebstoff an ihre Fersen heften und versuchen zu verweilen. In Niemandsland glaubt man nicht, man existiert ganz ohne den Schutz einer Zugehörigkeit, weil diese nur in Fantasien regiert. Als Isis klein war, beobachtete sie oft den Himmel bei Nacht, wenn sie nicht schlafen konnte und sich trotz der anderen Kinder allein fühlte. Sie baute ihr eigenes Universum aus Sternen und stellte sich vor, wie sie unabhängige Planeten kreierte, die nur ihr gehören würden. Mit ihren schwarzen runden Augen malte sie so lange Muster in den Nachthimmel, bis das Puzzle komplett war und sie endlich einschlief. Freitags kamen Mütter und Väter ins katholische Waisenhaus St. Maria, Mütter und Väter, die sich als solche betrachten, um sich dann ein Kind ihrer Wahl mit in ihr Zuhause zu nehmen. Zuhause? Ein Wort, mit dem Isis nur wenig anfangen konnte und bis heute als etwas wahrnahm, was sie nur in sich selbst finden konnte. Dadurch machte sie sich unverletzbar und nahm sich, wonach ihr der Sinn stand, auch wenn sie dabei manchmal Herzen brach. Isis eroberte mit Ausstrahlung nicht durch Schönheit, sie hatte diesen unbesiegbaren feurigen Glanz in ihren Augen nie verloren, mit dem sie einst ganze Planeten erschuf.
Nachdem sie bis zu ihrer Volljährigkeit das Waisenhaus nicht verlassen konnte und stets daran erinnert wurde, keusch zu sein, musste sie ihre Sittlichkeit an den Nagel hängen. Sie wollte das Leben auskosten, so wie es ihr gefiel, ohne Regeln und ohne schlechtes Gewissen. Sie suchte nach Sensationen, die sie befriedigten und ihre Göttlichkeit veredelte. Mit jedem Liebhaber wurde sie noch anmutiger, mit jeder einzelnen Geliebten noch empfindsamer. Sie saugte Männer wie Frauen nahezu aus, sie ließ sie nur für kleine Momente tief in ihr Innerstes schauen, um sie danach zu verlassen, ohne Abschied. Sie lernte durch all diese Affären mit den unterschiedlichsten Menschen umzugehen, sie zu verführen, sie zu lieben, etwas zu hinterlassen; Die Einzigartigkeit des Momentes.
Isis, Göttin der Geburt und Wiedergeburt, wie eine Katze schleicht sie durch unerforschte Gebiete und befriedigt eine Frau nach der anderen und erfüllt Männer mit Wahrhaftigkeit, einen nach dem anderen. Sie kann ihre Affären nicht mehr zählen, nicht mehr greifen, sie befindet sich in Niemandsland und niemand könnte ihre selbst auferlegte Leere füllen.
Gilbert, der Hausmeister, war der erste Bursche, der ihr verfiel, damals im katholischen Mädchenwaisenhaus. Er beobachtete die junge Isis, wie sie in der Kirche mit den anderen betete und dabei nie das Gebet mitsprach. Er beobachtete, mit welch Feinfühligkeit sie die Haare der Mädchen im Blumengarten frisierte, um am Ende jeder eine ausgewählte Blüte ins Haar zu stecken. Er beobachtete, wie Isis sorgsam ihr Gedeck zu den Mahlzeiten herrichtete, wie sie Messer, Gabel und Löffel vorsichtig polierte und ganz sanft auf dem Tisch platzierte. Es umgab sie stets eine Gewissenhaftigkeit bei allem, was sie tat. Er beobachte Isis in unzähligen Situationen, er bemerkte, wie sein Glied vor Aufregung zuckte. Er wünschte sich, dass Isis ihn berühren würde, um ihn von seiner Qual zu befreien, die Qual des Liebenden. Gilbert war 30 und damit 14 Jahre älter als Isis, als er ihr begegnete und sich ihrer speziellen Schönheit einfach nicht entziehen konnte. Sie hatte schwarze lange Haare und ebenso schwarze Augen zu einer schneeweißen Haut. Ihr Gesicht war unsymmetrisch, ein Mundwinkel lächelte, während der andere traurig herunterhing, ein Auge war wach, während das andere etwas verschwommen wirkte. Sie war größer als ihre Freundinnen, fast schlaksig, aber nicht ungelenkig, ganz im Gegenteil, sie war elegant, sie war besonders. Sie umgab eine Aura, als hätte sie schon mehrere Leben hinter sich gelassen, als ob sie mit ihrer zarten Jugendlichkeit schon die halbe Welt erobert hätte. Aber da war noch etwas, was sie von den anderen Mädchen unterschied, etwas, dass Gilbert fast um den Verstand brachte; Es war eine tiefe Melancholie, die sie stets begleitete, bei all ihren Bewegungen mit all den Blicken, die sie hier und da austauschten.
Isis entwickelte eine starke Sehnsucht mit dem Einsetzen der Pubertät. Sie fühlte sich erregt von all den Dingen, die sie umgaben; Von der Textur der einzelnen Haarsträhnen, die sie täglich im Blumengarten frisierte, von den sanften Mädchenstimmen, die während der Gebetsstunde zahlreiche Lippen verließen, von ihrer eigenen Reflektion, während sie das Besteck polierte. Sie spürte, wie ihr Höschen nass wurde und sie es mehrmals am Tag wechseln musste. Sie kaufte heimlich Binden, damit die Ordensschwestern nicht aufmerksam wurden, um sie dann zur Beichte zu schicken. Sie fand es seltsam für etwas Reue zeigen zu müssen, was ihr natürlich erschien. Sie bemerkte Gilbert und wie sich seine Augen weit öffneten, jedes Mal, wenn er ihr über den Weg lief. Sie wusste, dass er sie beobachtete und sie genoss die Vorstellung, wie er heimlich masturbierte und sich dabei in Fantasien verlor. Sie wusste, dass er danach lechzte zu sehen, wie ihr Mund seinen reifen Penis empfing.
… to be continued