Pornografie und Gesellschaft

 

 

Die Geschichte der Pornografie ist umfangreich und bleibt umstritten. Während in der Antike Pornos öffentlich zugänglich waren und alles andere als verpönt galten, wurden später im 18. Jahrhundert der Gesellschaft diese obszönen Darstellungen untersagt. Im 19. Jahrhundert produzierten Filmemacher dann die ersten illegalen erotischen Filme. In Deutschland war Pornografie bis 1975 verboten, erst danach konnte man sich die Streifen in öffentlichen Pornokinos anschauen. Durch die VHS-Kassetten in den 80er Jahren entwickelte sich die Pornografie allerdings wieder zurück. Die schmutzigen Filmchen wurden zu Hause geschaut. Heutzutage kann man Pornos einfach zugänglich im Internet finden, die Stellung der Gleichheit unter den Geschlechtern bleibt allerdings eher fragwürdig. Kein Wunder also, das es sich Filmemacher wie »Erika Lust« zur Aufgabe gemacht haben, intelligente Pornos zu entwickeln, die zum einen die Bedürfnisse von Männern und Frauen gleichwertig befriedigen und zum anderen der Frau wieder einen starken Charakter vermitteln.

 

Feministischer Porno:

Erika Lust ist die Koryphäe anspruchsvoller, alternativer Pornofilme. Sie produziert Filme, die das Vergnügen der Frau ins Zentrum rückt und den Mann nicht nur als Sexmaschine darstellt. Intelligenter Porno bedeutet für sie neben dem ganzen Rein-Raus-Spiel, sich Zeit nehmen. Augenkontakt zwischen den Darstellern, sich berühren, küssen, darüber reden, was sie miteinander tun wollen. Während die meisten Pornoproduktionen von Männern geleitet werden und die Frau einzig als Objekt zur Verfügung steht, appelliert Erika Lust an die Menschlichkeit. Alles kann gezeigt werden, solange es einvernehmlich zwischen den Protagonisten passiert. Erika Lust erzählt mit ihren Filmen eine Geschichte, es gibt ein Drehbuch und eine echte Handlung, dadurch wirkt der Sex authentischer. Ethische Pornografie unterscheidet sich von der Mainstream gezeigten Darstellung vor allem durch eins: Hier geht es darum verantwortungsbewusste Sexualität zu zeigen und die Schauspieler, unabhängig von Geschlecht als gleichgestellt wahrzunehmen.

 

Pornografie der Emotionen:

Die willige Frau und der Mann, der immer kann: Diese unrealistischen Bilder werden einem beim Betrachten üblicher Pornos suggeriert. Natürlich werden dabei Stimmen von Unwohlsein laut, es geht um die Auseinandersetzung in Partnerschaften sowie der Veranschaulichung für Kinder, denn für Kinder sind Pornos immerhin überall zugänglich. Also stelle ich mir die Frage, wie beeinflussen solche Darstellungen meine eigene Beziehung und was macht der Konsum mit der nächsten Generation? Bewiesenermaßen schauen Kinder im frühen Alter beginnend ab neun Jahren bereits ihren ersten Porno. Die Unterscheidung zwischen realer und virtueller Welt ist nicht gegeben, sie werden demnach mit einem Bild konfrontiert, das dem echten Leben nicht entspricht. Die Verkümmerung von Gefühlen ist nur eine Folge dessen. Dadurch wird einem Kind später im erwachsenen Alter der Zugang zu echter Intimität in Bezug auf eine Partnerschaft erschwert. Für Beziehungen gilt Ähnliches: Mainstream-Filme veranschaulichen die ständige sexuelle Bereitschaft der Frauen, was folglich den Mann unzufrieden in seiner eigenen Beziehung machen kann. Die Pornokultur vermittelt, dass Sex, Liebe und Vertraulichkeit identisch sind. Eine gesunde Haltung dazu wäre wahrscheinlich, ausgewählte Videos mit dem Partner anzuschauen, auf anspruchsvolle Pornos, wie die von Erika Lust Wert zu legen und sich auch mal unabhängig von den ganzen Befriedigungsprozessen ein wenig Zeit nehmen, um sich selbst sowie den Liebsten wieder richtig wahrzunehmen.

 

Politische Gedanken:

In der Pornokultur herrscht eine Art Stigmatisierung. So wird die Herkunft der Akteure immer noch in Kategorien eingeteilt und entsprechend vertaggt. Auch homosexuelle Männer werden auf eigene Seiten verwiesen, genau wie lesbische Frauen, deren Anschauung außerdem von heterosexuellen Fantasien geprägt ist. Gott sei Dank gibt es verschiedene Initiativen, wie die Berliner »PorYes« Vereinigung, die einen detaillierten Katalog von Kriterien für feministische Pornos aufgeschlüsselt hat. »Vielfalt, Konsens, Fairness« lauten die drei Pfeiler feministischer Pornografie. Themen wie Verhütung werden hier zur Sprache gebracht, einstimmige Lustwecker zwischen den Darstellern kommuniziert, sowie natürlichen Interaktionen Raum zu geben. Sexuelle Identitätsfindung gehört einfach in unsere moderne Gesellschaft und soll dem Porno unserer Zeit mehr Abwechslung und vor allem Würde verleihen.

Wenn man über die Wortkomposition »feministische Pornografie« nachdenkt und eventuell den Anschein bekommt, dass es dabei einzig um die Lusterfüllung der Frauen geht, der täuscht sich. Hier werden alle Menschen unabhängig von ihrer sexuellen Identität gefragt. Deshalb sind feministische Pornos nicht nur für weibliches Publikum gemacht, jedem bringt der Konsum ethischer Filme im erotischen Bereich viel mehr, als der abgedroschene Mainstream Porn. Am Ende wollen wir uns doch alle irgendwo wiederfinden, uns mit den Darstellern identifizieren können, Lust als Vollkommenheit erleben. Dabei spielt das respektvolle, erotische Miteinander eine wahnsinnig große Rolle, genauso wie die Wahrnehmung der Vielfältigkeit von Sexualitäten. Sex soll Spaß machen, es kann auch gerne mal gelacht werden. Wer will da noch steife Maschinen sehen, die Frauen mit Dauererektion ihre Sinne aus dem Hirn vögeln? Die Pornorevolution hat schon längst begonnen und sich als positive Veränderung etabliert: Sexualität stellt in Pornofilmen mittlerweile die einvernehmliche, lustvolle sowie gleichberechtigte Begegnung unterschiedlicher Menschen dar, man muss nur genau auswählen.

Film: a thought of ecstasy