Wenn das Meer ruft

 

 

Die Hitze steigt ihr zu Kopf. Schon seit Tagen herrschen Temperaturen von mehr als 35 Grad und die einzige Möglichkeit sich Abkühlung zu verschaffen, bietet der Plage du Prado. Marion schaut auf die Weiten des Meeres von Marseille und beobachtet wie eine Büchse von riesigen Wellen ausgespuckt und dann wieder hineingezogen wird. Genauso fühlt sie sich in der heißen Sommerglut, wie Treibgut, das durch Wellen ihre Richtung bestimmt. Louis, Marion’s Freund, sitzt neben ihr auf der Decke und blättert interessiert in dem Magazin, was sie mitgebracht hat; seine ganze Aufmerksamkeit widmet er seit Stunden dem »Le journal des femmes«. Ab und zu springt er ins Wasser, um sich danach wieder den Geheimnissen der Frauen zuzuwenden, auf der Suche nach den unergründlichen Tiefen der Marion. Sie liebt den Anblick seiner gebräunten Haut, wenn sie gerade das Meer verlassen hat und einzelne Tropfen langsam verdunsten. Sie liebt den Duft von Sonnencreme und Salz, eine Kombination, die Marion stets erregt. Sie spürt, wie sich zwischen ihren Beinen der Schweiß mit ihrer Lust vermischt.

 

»Marion, du bist eine Meerjungfrau.«, sagt Louis und dreht sich zu ihr. »Was?«, Marion wird aus ihren Gedanken gerissen. »Du bist eine Meerjungfrau. Meerjungfrauen masturbieren immer im Wasser und genau das tust du auch. Es gibt hier ein Diagramm, mit welchen man die Gewohnheiten bei der Selbstbefriedigung zuordnen kann. Du befriedigst dich nur in der Wanne oder in der Dusche, nie woanders.«, Louis freut sich, als hätte er mit diesem Bericht die Wahrheit aller Frauen entdeckt und seine Freundin noch ein bisschen besser kennengelernt.

Aber es stimmt, Marion sucht die Stimulation im Wasser. Nur dann kreist sie mit ihren Fingern über ihre Klitoris, bis sie zum Höhepunkt kommt und sich ihr Orgasmus im Badewasser verliert. Manchmal sitzt Louis am Rand und beobachtet sie dabei. Er genießt die Aussicht, wenn Marion ihre Augen auf ihn richtet und ihre Wangen glühen, sie hingegen erregt seine Gegenwart noch mehr, in der Erwartung, was er alles mit ihr anstellen könnte, wie sie sich nach seinen Berührungen sehnt und er nur seinen Blick über ihre wollüstige Rundungen wandern lässt. Wie eine Meerjungfrau bewegt sie ihre Hüften ganz seicht von einer Seite zur anderen.

Louis lässt das Magazin fallen und wirft sich auf sie. Nur kurz berührt er ihr Geschlecht zwischen ihren Schenkeln. Er schiebt ihr den Badeanzug ein Stück zur Seite, um noch mehr Gewissheit zu bekommen, dann schaut er ihr tief in die Augen. Für einen Moment verweilen sie, schweigend, zwei vibrierende Körper, sehnsüchtig der Hitze und ihrer Lust ausgeliefert.

 

Ein Schatten bildet sich über ihren Köpfen und Marion blinzelt durch ihre hungrigen Augen. Richard ihr gemeinsamer Freund stört die vermeintliche Idylle und legt sich zu ihnen. Er beobachtet wie sich Louis an Marion’s Körper reibt und wie sein Glied zwischen ihren Beinen verschwindet. Er beobachtet, wie Marion sehnsüchtig ihre Schenkel spreizt, empfänglich und hingebungsvoll für ein Abenteuer zu dritt. Sie greift nach Richards Hand und führt sie zu ihrem Mund. Louis beobachtet, wie Richard seine Badehose nach unten zieht, um seinen Schwanz von Marion’s Lippen zu empfangen. Es ist nicht das erste Mal, das sie sich so berühren. Eine einzigartige Symphonie der Lust, wie eine zarte Musikkomposition streicheln sie jede Körperstelle des anderen und leben den Augenblick in der Stunde, in der Jugendlichkeit innewohnt. Marion nimmt ihre Lieblingsstellung ein. Sie kniet auf allen vieren, um Richard zu dienen und um gleichzeitig von Louis genommen zu werden. Richard und Louis, ihre Liebhaber, sie könnte es nicht wagen, einen von ihnen weniger zu begehren. Beide sind so unterschiedlich und liebenswert zugleich. Und beide können nicht von Marion lassen. Ein tiefes Verständnis trägt ihr inneres Verlangen, wie die Wellen vom Plage du Prado.

 

Marion’s gelassene Unterwürfigkeit, bringt sie um den Verstand. Es besteht kein Zweifel an ihrer Schönheit. Wenn sie mit ihren großen grünen Augen nach Intimität sucht, wird sie stets versorgt. Ihr dunkelblauer Badeanzug verhüllt ihre Brüste, doch nicht ihr Geschlecht. Louis hat es befreit, um zu sehen, wie sein Schwanz langsam verschwindet und wie einzelne Lusttropfen in der Sonne schimmern, sobald er wieder zwischen ihren Schamlippen auftaucht. Es erinnert ihn an ein Gemälde von »Balthus«, in der eine kindliche Unschuld posiert, aber gleichzeitig durch eine frivole Haltung herausfordert; Marion, wie sie vor Richard kniet und genüsslich an seinem Schwanz lutscht; wie Richard ihre lockigen Haare zusammenbindet, um noch besser sehen zu können; wie er ab und an einen Blick zu seinem Freund wirft, und sich dabei rekelt, gespannt beobachtend, wie Louis in Marion’s Scheide eindringt. Drei Körper verschmelzen zu einem Bündel gepaart aus Gier und Erfüllung. Ein Orgasmus nach dem anderen verhallt, wie ein Echo tanzender Nymphen.

 

»Marion! Marion, wach auf!«, Louis rüttelt an ihrem Arm. »Schau, wer gekommen ist.« Schlaftrunken öffnet Marion ihre Augen. Sie hat alles nur geträumt. Sie blickt auf ihren blauen Badeanzug und ihre Brustwarzen, die sich wie kleine Knöpfe durch das Gewebe drücken. Eine starke Erregung füllt ihr Geschlecht und sie blickt auf die Weiten des Meeres von Marseille, wo einst eine Büchse von riesigen Wellen ausgespuckt und dann wieder hineingezogen ward. Dann schaut sie zu Louis, der seinen Freund Richard umarmt und wie beide erwartungsvoll vor ihr stehen. Der Strand ist übersät mit Menschen. Es war ihre Fantasie und sie möchte wieder zurückkehren an den Ort, an dem es nur Richard, Louis und sie gab. »Lasst uns ins Wasser gehen.«, fordert sie. »Ich bin eine Meerjungfrau Louis und du weißt ja, was das bedeutet. Lasst uns hinter die Felsen schwimmen, dort wo Wellen gegen die Steine schlagen und wie Treibgut unsere Richtung bestimmen.« Einvernehmlich kehren die drei Freunde dem Plage du Prado den Rücken zu und verschwinden im glitzernden Meer bis ihre Köpfe wie kleine Sterne nur noch ein Fleck am Horizont bilden.