Analfant Terrible

 

 

Neulich saß ich mit meiner Freundin Jane in unserer Lieblingsbar in Friedrichshain. Die Stimmung war wie immer ausgelassen; wir tranken Wein und unterhielten uns stundenlang über persönliche Ereignisse, Dinge, die wir seit der letzten Begegnung nicht besprochen haben und stießen auf ein Thema, über welches ich seit Längerem philosophierte und später auch recherchierte: »Anal Bleaching«!

Ich dachte darüber nach, wie es wohl wäre sein Hintertürchen für solch kuriose Verschönerungen offen zu halten und was es überhaupt verändern würde. Wenn der Partner auf einmal bemerkt, dass die Farbe rund um den Anus aufgehellt ist und dem Porzellanteint meiner zarten Schenkel gleicht. Würde das mehr Begehren erzeugen, würde er es überhaupt bemerken? Oder geht es dabei nur um die eigene Projektion, dem Gefühl sich dem Gegenüber perfekt zu präsentieren und dabei auch die empfindlichsten Stellen nicht außer Acht zu lassen? Ich dachte außerdem über die verschiedenen Verfahren nach, die den After mit säurehaltigen Cremes aufpolieren, ob man dabei selbst Hand anlegt oder direkt zum Arzt spaziert. Natürlich wusste ich das all die Schönheitsoperationen, die neben Schamlippenverkleinerung, der Botoxbehandlung von Hoden oder die Verlängerung des Penis mittels Hyaluron schon längst nicht mehr nur in der Pornoindustrie Anklang gefunden haben, deshalb wunderte mich auch genau diese spezielle Form der Verschönerung überhaupt nicht. Jane reagierte mit einer heftigen Handbewegung und kippte dabei fast den ganzen Wein über den Tisch. »Unglaublich, auf was für Ideen die Menschen kommen«, meinte sie und noch lange hielten wir inne über Verfahren, Risiken und all die verschiedenen Behandlungen, die Leute über sich ergehen lassen, um dem verschwommenen Ästhetikideal gerecht zu werden. Ein guter Moment mit dem Phänomen »Anal Bleaching« wortwörtlich »Licht ins Dunkel zu bringen«, dachte ich.

 

Das Verfahren:

Um den Analbereich aufzuhellen, werden hydrochinonhaltige Stoffe zur Depigmentierung eingesetzt. Dabei kann man sich entscheiden, ob man die dauerhafte Laservariante, eine Kryotherapie oder eine Aufhellung mit Cremes bevorzugt. Alle Verfahren sollten unter ärztlicher Aufsicht stattfinden und beobachtet werden. Bei der Laservariante wird vorab eine Betäubungssalbe aufgetragen und anschließend mit einem Pixel CO2-Laser die dunklen Hautstellen oberflächlich um den Anus abgetragen. Eine Behandlung, die schnell zu gewünschten Ergebnissen führt, ca. 600€ kostet und man einfach in der Mittagspause erledigen kann. Von DIY-Bleichcremes für zu Hause raten Experten ab. Diese können unschöne Hautreaktionen hervorrufen. Bei der Kryotherapie werden Hautschichten mittels extremer Kälte modifiziert, sodass die Zone um den After danach heller erscheint. Sie muss jedoch von einem Experten in einer Klinik durchgeführt werden und bedarf einer längeren Genesungszeit.

 

Die Risiken:

Cremes, die Pigmentstörungen oder Sommersprossen aufhellen gibt es schon lange, allerdings wurden eine gewisse Zeit genau diese Cremes für das Anal Bleaching benutzt. Die Schleimhaut am Anus weist eine andere Beschaffenheit auf und reagiert wesentlich empfindlicher. Dadurch können die säurehaltigen Inhaltsstoffe diese Hautareale irritieren. Jucken, Rötungen und Hautausschläge sind die Folge – mitunter können sogar Allergien auftreten. Auch verschiedene Krebsrisiken sind besonders mit hydrochinonhaltigen Lotionen noch nicht abgeklärt.

 

Analfant-Terrible?

Anal Bleaching gehört für mich persönlich zu einer befremdlichen Innovation, die kein Mensch braucht. So sehr ich versuchte mir vorzustellen, wie meine Rosette am Ende glitzern und glänzen und dabei meinen Partner ganz und gar um den Verstand bringen könnte, es hat einfach nicht funktioniert. Einzig meine Gedanken verblassten angesichts der Vorstellung Pigmente unter einem Laser schmelzen zu lassen, die eigentlich keine Belastung hervorrufen oder einer Krankheit unterliegen. Jane’s tosendes Gelächter beunruhigte mich außerdem.

 

Es war einmal….

Es war einmal ein Sternchen in Amerika, die diesen Trend des Anal Bleaching’s ganz ungeniert vorlebte und so begann der Hype, zumindest in den USA. Ein kosmetischer Eingriff, den übrigens Mann und Frau gleichermaßen durchführen lassen.

Ein Arzt sagte in dem Zusammenhang: »Ein Ausdruck einer bedenklichen Entwicklung unserer Gesellschaft.« So strikt sollte man es vielleicht nicht sehen, denn am Ende folge ich ja immer meinem Statement: »Whatever works!« Wenn einen die ungeliebten Verfärbungen am After einfach belasten, dann ab zum Doc, aber wenn die Ursprünge sich einfach nur aus einer vorgelebten, künstlichen Medienwelt entpuppen, dann vielleicht lieber in sich gehen und darüber philosophiere, was gebleichte Genitalien tatsächlich verändern würden; also, ob sich die Lebensqualität dadurch verbessern würde, ob man sich überhaupt an ihrem aufgefrischten Anblick erfreuen kann, ob man das vielleicht doch nur für eine Person tut, die sich in einer gewissen Stellung die perfekte Farbanpassung statt eines natürlichen Farbwechsels wünscht, oder ob man gegenwärtig eventuell schon zu viele Schönheitsoperationen an sich hat vornehmen lassen? Hmmm …

Und die Moral von der Geschichte ist:

»Bleiche doch Dein schönes Arschloch nicht!«